Philharmonischer Chor Kiel e.V.

Kieler Nachrichten, 13.10.2025

Fußball-Party im Opernhaus

125 Jahre Holstein Kiel: Gala begeistert Publikum – Trainer Rapp überrascht mit Halbzeitansprache an das Orchester

VON MATTHIAS HERMANN

KIEL. Trikots neben Abendkleidern im Publikum, Vereinsmaskottchen „Stolle“ tanzt den Schwanen­see und ein Tenor, der die Liebe und das Leiden eines Fußballfans intoniert. Die Gala im Kieler Opernhaus anlässlich des 125. Geburtstages von Holstein Kiel bot viel Ungewöhn­liches und schaffte es, auch „klassikfremde“ Besucher zu begeistern. Der Beweis dafür war donnernder Applaus im Ansschluss an die 90 Minuten (plus Nachspielzeit), die eine musikalische Reise durch die Vereins­geschichte des KSV boten. „Es war mein erstes Mal in der Oper und es hat mir sehr gut gefallen“, sagte Holstein-Torhüter Jonas Krumrey.

Mit der Musikauswahl trafen die Macher voll ins Schwarze. Der ein oder andere Fußballfan stellte am Sonnabend fest, dass man vielleicht nicht alle Namen, aber dennoch überraschend viele klassi­sche Stücke kennt. Gleich nachdem Holstein-Stadionsprecher York Lange den Abend mit der Ansage „Hier ist das Opernhaus Kiel, hier ist das Philharmo­nische Orchester Kiel, hier ist Dirigent Florian Ludwig“ eröffnet hatte, ertönten die epischen Klänge von Richard Strauss' „Also sprach Zarathustra“, während auf der Leinwand im Hinter­grund das Vereinswappen emporschwebte.

Von Beginn schafften es die Musiker, die Gäste emotional mit­zureißen, als wäre der Ort des Geschehens nicht das gut gefüllte Opernhaus, sondern ein Fußballstadion. Zum Stück „Parade of the Charioteers“, bekannt aus dem Monumentalfilm „Ben Hur“, wurde der aktuelle Kader der Störche präsentiert. Ein bisschen dick aufgetragener Pathos darf angesichts eines solchen besonderen Jubiläums schon sein.

Das Programm blieb kurzweilig. Zur 5. Sympho­nie von Ludwig van Beethoven schlüpfte Stadion­sprecher Lange in die Rolle eines Radio­kommen­tators, der gelungene Aktionen des Orchesters feierte. Dirigent Florian Ludwig, der gemeinsam mit dem Moderator mit lockeren Anmerkungen durch den Abend führte, hatte zuvor angemerkt: „Beet­hovens Fünfte ist wie ein Sturmlauf, bei dem der Gegner keine Chance hat, dazwischenzukommen.“

Mit Unterstützung des Philharmonischen Chors gab es bis zur Halbzeit Carl Orffs „O Fortuna“ und Georg Bizets „Carmen“ zwei weitere populäre Klassikwerke, sowie mit Herbert Grönemeyers „Zeit, dass sich was dreht“ ein kleines bisschen Sommer­märchen 2006. Es blieb nicht das einzige Stück des Abends, bei dem das Publikum lautstark in den Chor einstimmte. Zum Star der ersten 45 Minuten wurde der inter­national bekannte chinesische Tenor Dashuai Chen, der zunächst mit Fanschal und Ball, später sogar in kompletter Fan-Montur auf der Bühne stand.

Ehe der zweite Durchgang startete, bekam das Publikum einen Einblick in die „Mannschaftskabine“ des Orchesters. Für großen Jubel sorgte, das Störche-Chefcoach Marcel Rapp dort die nicht ganz ernst gemeinte Halbzeitansprache hielt. „Bei den Klarinetten spielen wir zu hoch“, analysierte Rapp und spornte die Philharmoniker an: „Es war okay, aber okay ist nicht gut genug!“ Das Orchester, nun kollektiv in Holstein-Shirts gekleidet, wechselte deshalb mehrere Überraschungsgäste ein.

Nachdem Maskottchen Stole mit Tänzerinnen der Ballettakademie seine Interpretation des „Schwanensee“ gezeigt hatte, wurde für die Nachspielzeit die gesamte Holstein-Mannschaft und „Die Denkedrans“ auf die Bühne geholt. „Ich war aufgeregter als vor 15.000 Zuschauern im Holstein-Stadion“ gab Band-Sänger Jan-Peter Rolfs zu. Das Lampen­fieber war schnell verflogen, als das gesamte Opernhaus die Holstein-Hymne „Keine andere Stadt, keine andere Liebe, kein anderer Verein“ anstimmte.

Das Konzept „Klassik trifft Fußball“, das phasenweise an die berühmte „Last Night of the Proms“ erinnerte, hat perfekt funktioniert. „Eine hervorragende Veranstaltung, die dem Jubiläum würdig war. Einfach ein klasse Abend“, war KSV-Trainer Marcel Rapp voll Lobes.