Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Nachrichten, 22.05.2017

Raritäten und reizvolle Mixturen

KIEL. Es gibt doch noch immer lohnende (Wieder-)Entdeckungen in der Musikgeschichte. Das Requiem in C, das der selber bereits todgeweihte Opernkomponist Charles Gounod 1893 auf seinen erst vierjährigen Enkel Maurice zu schreiben hatte, werden wohl alle dazuzählen, die am Sonnabend die Kieler Pauluskirche besuchten.

Der Philharmonische Chor war mit gut 50 Stimmen angetreten, das etwas mehr als halbstündige Werk in einer Kammerfassung aus der französischen Versenkung zu holen. Chorleiter Lam Tran Dinh wusste eine klare lateinische Diktion und kräftige, die Textaussage verstär­kenden Gesangsfarben abzurufen.

Geriet der Eröffnungssatz noch etwas schleppend, steigerten sich alle in einen voranströmenden Legatofluss mit euphorisch aufleuchten­dem (Sanctus) und betörend modellierten Passagen (gutes Beispiel: Huic ergo). Die präzise Abstimmung in Rhythmuspuls und Intonation mit der Orgel, der Harfe und einem Philharmonischen Streichquintett erwies sich als nicht leicht, gelang aber doch zeitweise in reizvoller Klangmixtur.

Zuvor hatte der Chor Gounods deutlich ältere und schlichtere a-cappella-Vertonung der Sieben Worte Christi am Kreuz aufgeführt. Da taten sich Assoziationen der bildenden Kunst auf: Man fühlte sich an die religiösen Romantizismen der Nazarener erinnert. Auch hier aber lagen die Qualitäten des opernerfahrenen Städtischen (Konzert-) Chores vor allem in der aufwallenden Ausmalung besonders expres­siver Momente. Aus dem hinzu gebetenen Solistenquartett von Opernchorprofis, das abgesehen von einer chromatischen „Durst­strecke“ gut harmonierte, ragte zudem die südkoreanische Sopranistin Yena Jang hervor. cst

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